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Nicht homo, nicht hetero

Von Falk
Nicht homo, nicht hetero
themacx/istockphoto.com - Symbol-/Modelfoto

Bisexuelle sind "flexibel": mal lieben sie Männer, mal lieben sie Frauen. Was so schön klingt, ist allerdings nicht immer einfach. Denn Bisexuelle gehören weder der Homo- noch der Heterowelt an und bekommen das auch zu spüren.

Wo soll er bloß hinschauen? Auf den knackigen Arsch vom süßen Typen neben ihm? Auf seine schönen, großen Hände? Oder wollen sich seine Blicke doch eher in das Dekolleté der jungen Frau neben ihm graben? Und sich in ihrem langen, wehenden, blonden Haar verlieren? Wenn Frank ausgeht, dann hat er die Wahl der Qual: Mann oder Frau. Für ihn sind beide Geschlechter gleichermaßen anziehend. Denn Frank ist bisexuell.

Gemerkt hat er das, als er 18 war. Damals war der blonde junge Mann mit seiner zweiten Freundin zusammen. Und obwohl er sie wirklich geliebt hat, wie er heute sagt, hat er sich damals in einen Mann verguckt. Der hatte auch Interesse an Frank, beide waren neugierig aufeinander: Die Anziehungskraft des Unbekannten hatte von ihnen Besitz ergriffen. Und so kam es schließlich, wie es kommen musste: Frank ging fremd. "Natürlich ist das ein riesengroßes Desaster gewesen. Ich glaube, eine Frau kommt noch eher damit klar, wenn man was mit einer anderen Frau gehabt hätte."

Bi ist harmloser als homo

Vom Fremdgehen einmal abgesehen: Das Wechseln des bevorzugten Geschlechts stößt häufig auf Unverständnis. Denn Sexualität wird meist in zwei Gruppen geteilt: homo- und heterosexuell. Dazwischen existiert in der Vorstellung vieler Menschen meist nichts. Das merkt auch Frank immer wieder. Freunde und Bekannte sticheln ihn und wollen, dass er sich einer der beiden Gruppen fest zuordnet. "Mir wird immer unterstellt, dass ich eher schwul bin und ich mich nicht traue, das zuzugeben", erzählt er. Das ist ein Problem, mit dem viele Bisexuelle zu kämpfen haben.

Fakt ist: Einige Jugendliche outen sich lieber als bi- statt als homosexuell. Denn ein Coming-Out erscheint nur halb so schlimm, wenn man offiziell nur "halb schwul" beziehungsweise "halb lesbisch" ist. Immerhin bleibt dann noch eine Chance, dass man trotzdem später einmal eine Hetero-Familie gründet und Enkelkinder ins das elterliche Haus bringt. Der Familiensegen hinge damit also nicht ganz so schief. Für Frank spielt diese Überlegung aber keine Rolle. Seine Sexualität ist keine Taktik. Er liebt beide Geschlechter und steht damit nicht allein da.

Fast jeder ist bisexuell

Das hat zumindest Alfred Kinsey belegt. Er ist der erste Sexualwissenschaftler, der Menschen in einer umfassenden Studie zu ihrer Sexualität befragt hat. Sein Ergebnis: Mindestens 90 Prozent der Bevölkerung sind bisexuell veranlagt. Denn fast jeder hat laut Kinsey schon einmal Erfahrungen mit dem gleichen Geschlecht gemacht, zum Beispiel während der Pubertät. Die Kategorien hetero- und homosexuell existieren für ihn deshalb nur in sehr begrenztem Maße. "Nicht alle Dinge sind entweder schwarz oder weiß zu sehen. Nur der menschliche Geist führt Kategorien ein und versucht, die Tatsachen in getrennte Fächer einzuordnen", so Kinsey.

Ohnehin wird in seinen Studien deutlich: Sexualität zu definieren ist schwierig. Steht ein Bisexueller zu 50 Prozent auf Frauen und zu 50 Prozent auf Männer? Was ist, wenn das Verhältnis 20 zu 80 ist? Kann dann noch von Bisexualität gesprochen werden? Kinsey schlägt deshalb vor, von schwulen, lesbischen und heterosexuellen Erfahrungen zu sprechen statt sich ein Schild umzuhängen: Ich bin schwul!

Bisexualität geht nur zu dritt

Frank sieht das ähnlich. Wenn er mit einem Mann zusammen ist, dann lebt er in einer "schwulen Beziehung". Mit einer Frau zusammen ist er ein "Hetero-Paar". Sein Verhalten ist aber bisexuell. Wobei fraglich ist: Wo gehört er nun hin? Darf er Teil der schwulen Szene sein, oder ist die Liebe zu Frauen ein Ausschluss-Kriterium? Und was ist, wenn er sich einmal fest für einen Partner oder eine Partnerin entscheidet, mit der er bis an sein Lebensende zusammenbleiben will? Von Bisexualität kann dann nicht die Rede sein. Denn sie lässt sich nur dann als Sexualität verwirklichen, wenn Frank mit einem Mann und einer Frau gleichzeitig zusammenlebt.

Mehr oder weniger hat das Olaf getan. Er kommt aus einem kleinen Dorf aus der rheinlandpfälzischen Provinz. Mehrmals hatte er sich dort in Frauen und in Männer verguckt. Eine Beziehung zu einem Mann schien ihm in seinem Dorf aber unvorstellbar.

Mittlerweile ist er 20 und studiert in Berlin. Vor kurzem hat er sich in einen Transmann verliebt - also eine Frau, die sich als Mann fühlt. Zunächst hatte ihn Olaf als maskuline Lesbe wahrgenommen und erst danach bemerkt, dass es sich bei ihm nur biologisch noch um eine Frau handelt. Das wirft die Frage auf: Inwiefern ist bei ihm Sexualität überhaupt von Geschlechtern abhängig? "Ich kann sagen, dass ich mich nicht in Geschlechter verliebe sondern in Menschen", antwortet Olaf darauf.

Sex mit Männern ist anders als mit Frauen

Frank geht es genauso. Er verliebt sich auch nur in Personen, statt in irgendwelche Geschlechtermerkmale wie Bart und Brüste. Trotzdem findet er, dass es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. "Wenn man einen Frauenkörper anfasst, dann ist der weicher", sagt er. Außerdem ist der Sex natürlich anders. Während Frank im Bett mit Frauen der aktive Mann ist, kann das mit beim Sex mit einem Mann schon einmal anders sein.

Das stößt jedoch nicht bei allen Frauen auf Verständnis. Frank hat das bereits selbst erlebt. Einmal fand er eine Frau interessant, konnte sich sogar eine Beziehung mit ihr vorstellen. Dass Frank allerdings bisexuell war, und schon einmal von einem Mann penetriert wurde, damit kam sie nicht klar. "Die hat dann so richtig unterschieden, wer der Mann und wer die Frau ist", erzählt Frank. "Und dann könnte sie gar nicht, wenn ich die "Frau" bin." Die Beziehung kam deshalb nicht zustande.

Bisexualität liegt im Trend

Solche Reaktionen widersprechen ein wenig dem Trend. Denn Bisexualität -so scheint es- ist salonfähig. Mädchen und Jungen kokettieren damit, dass sie auch mal dasselbe Geschlecht lieben. Damit folgen sie einigen Hollywood-Stars wie Pink, die sich als bi outete; oder Madonna und Christina Aguilera, die sich auf der Bühne einen Zungenkuss verpassten.

Natürlich ist das nur Show gewesen. Aber es macht etwas anderes deutlich: Sexualität wird inszeniert und mit Sexualität wird zunehmend gespielt. Insgesamt entsteht dadurch ein anderes Klima, dass es ermöglicht, mehr auszuprobieren und zu experimentieren. Leute genug gibt es ja dafür. Das wusste auch schon der alte Alfred Kinsey vor mehr als 60 Jahren.
Weitere Quellen: Dieser Artikel erschien 2009 in Kooperation mit dem Magazin "out!" , themacx/istockphoto.com - Symbol-/Modelfoto

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