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Von der Demo zur Party?

Von DBNA Team
Von der Demo zur Party?
andipantz/istockphoto.com

Sommerzeit heißt CSD-Zeit. Im Juni, Juli und August gehen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender auf die Straße. Statt Politik steht aber oft die Party im Vordergrund.

Wer in den großen Städten den CSD besucht, findet sich auf großen Straßenfesten wieder. Überall hängen Regenbogenfahnen und Menschen mit extravaganten Outfits ziehen durch die Straßen. Auf Bühnen wird ein buntes Programm präsentiert. Schwule, Lesben und Bisexuelle demonstrieren auch in diesem Jahr wieder für Gleichberechtigung und mehr Akzeptanz. Doch beim Anblick des bunten Treibens ist der Eindruck zunächst ein anderer.

Erst Konsum, dann Politik

Auch Wolfram (50) und Andreas (45) gehen auf den CSD, und zwar in Köln. Sie sind seit 20 Jahren ein Paar und besuchen seitdem die CSD´s in der Region. Beide stellen eine Veränderung fest: "Früher war der CSD politischer. Heute besteht er fast nur noch aus feiern", sagt Wolfram. Auch gebe es immer weniger Infostände, aber mehr Trink- und Essstände.

Tatsächlich dominieren die Trink- und Essbuden, Stände, an denen Fetischkleidung beworben wird und andere Unterhaltungs- und Konsumangebote. Informationsstände verschiedener Parteien und Organisationen machen einen verhältnismäßig geringen Anteil aus. Für Wolfram und Andreas liegt der Grund für diese Entwicklung auf der Hand: "Bevor wir uns Rechte erkämpften, war der CSD politischer", erzählt Wolfram. Andreas ergänzt: "Je mehr Angebote und Möglichkeiten es für Schwule und Lesben gibt, desto konsumorientierter wurde der CSD." Auch die Paradewagen seien politischer gewesen, mit Aussagen und Forderungen.

Ob "Freie Fahrt für Homoehe" oder keine entscheiden wir alleine!

Und tatsächlich genossen Schwule und Lesben nicht die Rechte, die für uns heute selbstverständlich erscheinen. Erst 1994 wurde §175, nach dem homosexuelle Handlungen für Personen unter 18 Jahren strafbar waren, aufgehoben. Die eingetragene Lebenspartnerschaft gibt es erst seit 2001. Doch war der CSD früher wirklich politischer?

Kleine Zeitreise: Der erste CSD in München im Jahre 1980 bestand aus einer Demonstration mit rund 180 Schwulen und Lesben. Auf Plakaten mit Aufschriften wie "Ich habe Angst, ich werde Lehrer" oder "Auch Kinder wollen unsere Liebe" taten sie offen ihre Sorgen und Forderungen kund. Im Jahre 1991 fand in Köln der erste CSD mit einigen hundert Teilnehmern und wenigen tausenden Besuchern statt. Die Mottos drückten klare politische Forderungen, wie z.B. "Ob Freie Fahrt für Homoehe oder keine entscheiden wir alleine!" (1998) oder "Liebe deine Nächsten: Antidiskriminierungsgesetz jetzt!" (2003) aus.

Der CSD heute - was bleibt?

Eine Studie vom schwulen Netzwerk NRW e.V. ergab, dass der Kölner CSD im Laufe der Jahre immer kommerzieller wurde. So hatte die Cologne Pride 2005 rund 40 Sponsoren, von denen die meisten kein großes Interesse an den Inhalten des CSD´s hatte, sondern die Veranstaltung kommerziell genutzt wurde.

Die Einführung des "Fantasypride" und Bühnenprogramme mit Schlagerstars gaben dem CSD in den Vergangenen Jahren verstärkt einen Volksfest-Charakter. Die politische Auseinandersetzung mit dem Thema rückte immer mehr in den Hintergrund.

Dabei gibt es noch immer viel zu tun in der Homo-Politik. Denn trotz der erreichten Ziele sind Schwule und Lesben nicht mit Heteros gleichgestellt.
Schwule, Bisexuelle, Lesben und Transsexuelle genießen noch immer nicht den Schutz durch §3 des Grundgesetzes, der die Gleichheit vor dem Gesetz sichert. Auch ist die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mit der traditionellen Ehe gleichgestellt. So dürfen homosexuelle Paare nach wie vor keine Kinder adoptieren.

Die Schwulenbewegung ist noch aktiv

Doch ist das Feiern und Spaßhaben wirklich unangemessen für eine Demonstration wie den CSD? Und stagniert damit die Schwulenbewegung?
Elke Jansen, Leiterin des Projekts "Regenbogenfamilien vom LSVD sieht dies nicht so: "Die Schwulenbewegung ist noch aktiv, aber viel Energie aus der gesellschaftspolitischen Arbeit fließt heute in den Ausdruck von Lebensfreude. Wenn die Schwulenbewegung bemängelt, dass heute nur gefeiert wird, dann hat sie ihre Ziele verkannt."

Die Mischung macht´s

Heutzutage genießen wir viel Mehr Rechte und Akzeptanz. Aber trotz der verbesserten politischen und gesellschaftlichen Akzeptanz, wünschen sich Wolfram und Andreas, dass auf dem CSD mehr Politik im Vordergrund ist. "Zumindest eine gleichmäßige Ausgewogenheit zwischen Party und politischer Demonstration wäre klasse", sagte Andreas. Erreichte Ziele könne man feiern und gleichzeitig für weitere Akzeptanz und Gleichstellung kämpfen, ergänzt Wolfram. Deshalb werden die beiden auch in Zukunft den CSD besuchen und für mehr Gleichberechtigung demonstrieren.

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