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Irland schlägt hohe Wellen

Von Fabian
Irland schlägt hohe Wellen
Vassil/Wikimedia

Nach dem ersten Referendum, bei dem die Entscheidung für die Ehe für alle vom Volk selbst kam, ist das Thema Gleichstellung in den Mittelpunkt gerückt. Auf einmal hat jeder eine Meinung: Parteien, Kirchen, Zeitungen. Ein Überblick.

Das Ergebnis war eindeutig: 62 Prozent der abgegebenen Stimmen waren für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Damit ist Irland das erste Land der Welt, in der die Ehe für alle direkt vom Volk bestimmt wurde. Das Ergebnis hat hohe Wellen geschlagen: Auf einmal ist das Thema Gleichstellung überall präsent.

Der stärkste Gegner der Ehe für alle ist die katholische Kirche. Natürlich dauerte es nicht lange, bis aus kirchlichen Kreisen Reaktionen zum irischen Votum kamen. Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, sagte, die Kirche bräuchte einen "Realitätscheck", um "zu sehen, was wir gut machen, und zu sehen, in welchen Bereichen wir komplett von den jungen Leuten auseinandergetrieben sind."

Offene Diskussion in der Kirche gefordert

Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin fand deutlich kritischere Worte "Ich glaube, man kann nicht nur von einer Niederlage der christlichen Prinzipien, sondern von einer Niederlage für die Menschheit sprechen", sagte er. Auch die Deutsche Bischofskonferenz betonte einmal mehr ihre Meinung, gegen die Eheöffnung zu sein.

Doch auch in der Kirche spalten sich die Meinungen. Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer findet die Aussage aus dem Vatikan "völlig unangemessen". "Die Kirche hat die große Sorge, dass in dieser Diskussion die Bedeutung der traditionellen Ehe etwas gemindert wird. Ich teile diese Sorge nicht wirklich, weil ich nicht den Eindruck habe, dass homosexuelle Menschen die große Mehrheit in unserer Gesellschaft bilden, oder tatsächlich das klassische Familienbild abdrängen würden", ergänzte er in einem Interview mit dem Essener Domradio. Er forderte eine offene Diskussion innerhalb der Kirche. Gleichzeitig erteilte er dem Adoptionsrecht für Schwule und Lesben gleichzeitig eine Absage.

Für Christine Lüders, Leiterin der ADS, ist das Recht auf Heirat keine parteipolitische Frage, sondern ein Menschenrecht.
Für Christine Lüders, Leiterin der ADS, ist das Recht auf Heirat keine parteipolitische Frage, sondern ein Menschenrecht.
Antidiskriminierungsstelle

Weinberg vergleicht Ehe für alle mit Polygamie

Natürlich muss sich auch die Politik mit dem Ergebnis in Irland auseinandersetzen. In Deutschland scheitert eine Gleichstellung weiterhin an der Unionsfraktion. Zwar gab es am Mittwoch kleine Verbesserungen, doch im Grunde handelte es sich lediglich um sprachliche Schönheitskorrekturen. Der familienpolitische Sprecher von CDU/CSU, Marcus Weinberg, bezog in einem Interview mit dem Deutschlandfunk deutlich Stellung: "Was ist denn Ehe noch wert? Dann haben Sie eigentlich gar keine Norm mehr, dann ist die Ehe auch beliebig, und ich glaube, da gehen wir in eine falsche Richtung", sagte er.

Anschließend verglich er die Ehe für alle mit anderen nicht erlaubten Formen des Zusammenlebens in Deutschland, etwa der Polygamie: "Was ist denn mit Männern, die auch mit mehreren Frauen zum Beispiel, die auch für mehrere Frauen sorgen könnten, theoretisch?"

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle (ADS), Christine Lüders, hält das Recht auf die Heirat dagegen für ein Menschenrecht, das nicht in die Parteipolitik gehöre. Deshalb fordert sie eine Abstimmung im Bundestag ohne Fraktionszwang. "Ich bin sicher, die große Mehrheit der Parlamentarier ist für die Homo-Ehe", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Bei Abstimmungen ohne Fraktionszwang kann jeder Abgeordneter unabhängig von der Meinung seiner Partei entscheiden. Das kommt in der Regel aber nur bei Gewissensentscheidungen vor.

Die Contra-Argumente bleiben dieselben

Die Medien berichten und berichteten ausführlich über die irische Eheöffnung. Fast in jeder Zeitung und auf jedem Fernsehkanal kamen Kommentatoren zu Wort. Die meisten, so etwa Sabine Rau in den Tagesthemen, sind für die Ehe für alle. "Mit den ewig Gestrigen sind keine Wahlen mehr zu gewinnen", kommentiert sie die Blockadehaltung der Union.

Sabine Rau kommentierte die Blockadehaltung der Union in den Tagesthemen.
Sabine Rau kommentierte die Blockadehaltung der Union in den Tagesthemen.
Screenshot/tagesschau.de

Anderer Meinung ist Norbert Wallet von den "Stuttgarter Nachrichten". Sein Kommentar sorgte für Diskussionen in den sozialen Netzwerken. Denn Wallet schrieb unter der Überschrift "Nicht gleich": "Das ist der ganze Punkt: Die klassische Ehe ist offen für Kinder, sie hat für eine Gesellschaft Keimzellen-Charakter, sie macht sie zukunftsoffen. Das muss man nicht pathetisch überhöhen, aber sie ist damit etwas substanziell anderes als eine Homo-Ehe. Gleiches muss gleich behandelt werden. Klassische Ehe und Homo-Ehe sind aber nicht gleich. Von Diskriminierung kann also keine Rede sein."

Prantl: Grundgesetz-Änderung nicht notwendig

Das sind dieselben Argumente, die schon immer in dieser Debatte zu hören sind. Dass nicht alle Hetero-Ehen Kinder hervorbringen weil sie nicht können oder nicht wollen muss dabei eigentlich nicht erwähnt werden.

Heribert Prantl schreibt in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung, dass sich Deutschland nur trauen müsse. Seiner Meinung nach muss nämlich das Grundgesetz nicht geändert werden. Diesen Vorwand, der oft von CDU/CSU vorgebracht wird, entkräftet er: "Die deutsche Verfassung schützt die Ehe im Artikel 6 des Grundgesetzes; es definiert die Ehe aber nicht. Die Verfassung ist also für eine andere Ehebeschreibung offen als die bisher gängige."

"Ehe für alle" statt "Homo-Ehe"

Das bedeutet: "Um die Ehe für Homosexuelle zu öffnen braucht es nur Mut - den Mut des Gesetzgebers, der das ausdrücklich ins Bürgerliche Gesetzbuch schreiben muss; und den Mut des Bundesverfassungsgerichts, das die zu erwartenden Klagen dagegen abweisen muss."

Der Online-Auftritt der Tagesschau vermeidet in Zukunft den Begriff "Homo-Ehe". "Da Ehe für alle' inhaltlich eher die momentane Debatte wiedergibt, verwenden wir bei tagesschau.de diesen Begriff nun auch", schreibt die Redaktion mit Verweis auf Frankreichs Präsident François Hollande, der diese Formulierung prägte. Auch dbna schließt sich dem an.

Weitere Quellen: Vassil/Wikimedia/Antidiskriminerungsstelle/Screenshot/Tagesschau.de

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