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dbna'ler des Monats

Max (20) aus Jena

Von Fabian
Max (20) aus Jena
Max

Der Student ist HIV-positiv. Heute kann er darüber offen sprechen, aber am Anfang war die Diagnose ein Schock. Er erzählt, was sich mit der Infektion verändert hat – und was nicht.

Max, wann hast du die Diagnose HIV-positiv erhalten?

Es gab zwei Diagnosen: Die erste Anfang Oktober 2015. Das war in meinem Leben mein vierter HIV-Test und der hat ausgesagt, dass das Ergebnis grenzwertig ist. Der Test konnte also nicht sagen, ob ich HIV habe oder nicht. Dann musste ich zwei Wochen warten. Der Test war dann eindeutig positiv.

Was ist dir nach diesem unsicheren Ergebnis durch den Kopf gegangen?

Ich bin sehr pessimistisch an die Sache rangegangen. Ich habe eher damit gerechnet, dass es stimmt, als dass es nicht stimmt. Denn es wäre schlimmer gewesen, wenn ich es habe, aber mir Hoffnung gemacht hätte, dass ich negativ bin. In meinem Fall habe ich mich eher damit abgefunden. Das war in der Hinsicht auch gut, weil ich mich mehrere Wochen damit beschäftigen konnte. Es gab so eine Phase der Akzeptanz, obwohl ich noch nicht das richtige Ergebnis hatte.

Wie hat man dir das Ergebnis mitgeteilt?

In der akuten Situation ging es mir natürlich scheiße. Ich kann mich genau an den Moment erinnern. Ich habe im Gesundheitsamt auf dem Flur gewartet. Dann hat mir die Mitarbeiterin gesagt, ich solle schon mal im Zimmer Platz nehmen, aber sie müsse noch die Ärztin holen.

Das ist, wie als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. Oh, scheiße, dachte ich mir. Wieso sollte sie bei einem negativen Ergebnis die Ärztin holen. Aber ich habe mich relativ gut damit abgefunden. Und dann wollte ich alles dafür tun, damit es behandelt wird. Ich habe sechs Wochen nach meiner Ansteckung das Ergebnis bekommen. Das war das Beste, was passieren konnte. Denn so konnte ich sofort mit der Therapie anfangen.

"Ich wusste selbst nicht, dass sich mein Leben nach der Diagnose nicht wirklich ändern wird."
"Ich wusste selbst nicht, dass sich mein Leben nach der Diagnose nicht wirklich ändern wird."
Max

Gab es denn einen konkreten Anlass für den Test?

Es gab mehrere Gründe. Zum einen eine gewisse Routine, weil man ja regelmäßig zum Test gehen sollte, wenn man Sex hat. Aber ich wusste auch, dass ich HIV haben könnte, weil ich ungeschützten Sex hatte. Den Test habe ich aber ein wenig vor mir hergeschoben, der davor war schon ein Jahr her.

Machst du dir im Nachhinein Vorwürfe?

Ich weiß genau, was du meinst. Aber ich habe das vermieden. Als ich wusste, dass ich HIV-positiv bin, habe ich mich erst einmal darauf versteift, das jetzt zu akzeptieren. Außerdem war da gerade Semesteranfang und ich hatte einige Klausuren. Hätte ich da einen Zusammenbruch gehabt, hätte ich das Studium aussetzen müssen. Du musst dich zusammenreißen, habe ich gedacht. Und ich kann es eh nicht ändern. Ich mache mir keine Vorwürfe mehr, denn ich habe eben damals so gehandelt.

Wie schnell sprichst du an, dass du positiv bist?

Als ich zum Studium nach Jena gezogen bin, und selbst noch negativ war, herrschte da die Meinung, dass es da keine Positiven gibt. Das ist dort kein Thema. Mein Freundeskreis weiß das. Im schwullesbischen Volleyballverein, in dem ich bin, weiß das jedoch keiner. Seit der Diagnose habe ich nur einen Jungen gedatet, wo es in Richtung Beziehung hätte hinauslaufen können. Da habe ich das relativ schnell gesagt, weil ich einfach wollte, dass er das auch weiß. 

"Ich kann mich genau an den Moment erinnern", sagt Max über seine Diagnose.
"Ich kann mich genau an den Moment erinnern", sagt Max über seine Diagnose.
Max

Wie hat er darauf reagiert?

Er hat verständnisvoll reagiert. Er hat mich umarmt. Das war richtig gut, immerhin war es das erste Mal, dass ich mich so jemandem geöffnet habe. Ich hatte ja keine Ahnung, wie jemand reagiert. Er hat das einfach so hingenommen und war nicht abweisend. Aber im Endeffekt hat er sich mehr Sorgen um mich gemacht als ich um mich. Das hat oft zu Streit geführt. Er war der Meinung, dass ich auf WG-Partys oder so zu viel Alkohol trinke, und dass das nicht gut mit meinen Medikamenten ist.

Würdest du sagen, dass sich viele zu wenig mit HIV auskennen?

Ja, weil viele nicht wissen, was es bedeutet, HIV-positiv zu sein. Ich wusste selbst nicht, dass sich mein Leben nicht wirklich ändern wird. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass die Medikamente sehr schädlich sind, aber das ist ja nicht mehr so. Viele wissen nicht, dass ich nur eine bis zwei Tabletten am Tag nehme und mich jedes Quartal vom Arzt durchchecken lasse. Ansonsten ändert sich nichts. Ich hatte aber auch das Glück, wenig Nebenwirkungen zu spüren.

Wenn sich das Leben nicht wirklich verändert: Besteht da nicht die Gefahr, dass die Leute die Infektion nicht mehr ernst nehmen?

Ich neige gerne dazu zu sagen, dass sich mein Leben nicht verschlechtert hat. Aber es hat sich schon verändert. Ich weiß viel mehr darüber und ich bin verantwortungsvoller. Und ich würde die Infektion niemand anderem wünschen!

"Ich mache mir keine Vorwürfe mehr, denn ich habe eben damals so gehandelt."
"Ich mache mir keine Vorwürfe mehr, denn ich habe eben damals so gehandelt."
Max

Was denkst du von Leuten, die eine Infektion bewusst in Kauf nehmen?

Wenn man eben einen gewissen Lebensstil lebt, dann geht man ein Risiko ein. Ich kann diese Haltung auf einer gewissen Ebene nachvollziehen, denn jeder kann mit seinem Körper machen, was er will. Aber ich finde die Einstellung dumm und nicht verantwortungsbewusst.

Oft hört man, die Diskriminierung ist schlimmer als die Infektion selbst. Hast du davor Angst?

In einer gewissen Hinsicht habe ich tatsächlich Angst vor dem Stigma: Bei meinen Eltern. Dass meine Mutter es nicht weiß, hat vor allem zwei Gründe. Seit ich ihr einmal von einer anderen  Infektion erzählt habe, höre ich oft Sprüche wie "hast du dir wieder was eingefangen?". Sie hat Angst, dass ich HIV bekomme. Das hat sie nicht gesagt, aber ich spüre das. Und sie weiß nicht, was es bedeutet, positiv zu sein. Es würde sehr viel Kraft und Energie kosten, das zu erklären. Sie würde wahrscheinlich vor Sorge sterben, und davor will ich sie schützen.

Und innerhalb der Community?

Schon so ein bisschen. Aber ich teile mich ja gerade der Community mit, um damit zu brechen, dass man auch darüber redet. Ich finde das wichtig: Je mehr Leute sagen, dass sie HIV haben, desto normaler wird es. Desto mehr Leute verlieren auch die Hemmung davor, sich testen zu lassen. Nur wenn Leute ihren HIV-Status kennen, kann HIV effektiv bekämpft werden. Denn vor allem Leute, die nichts von ihrer Infektion wissen, verbreiten die Infektion.

Max' Mutter weiß nichts von der Infektion: "Sie würde wahrscheinlich vor Sorge sterben, und davor will ich sie schützen."
Max' Mutter weiß nichts von der Infektion: "Sie würde wahrscheinlich vor Sorge sterben, und davor will ich sie schützen."
Max

Wie bist du denn eigentlich zum schwullesbischen Volleyballverein SC Paradiesvögel gekommen?

Ich wollte, nachdem ich nach Jena gezogen bin, anfangen, Sport zu machen. Mehrere Bekannte haben mir erzählt, dass sie da mitspielen und dass ich einfach mal vorbeikommen kann. Dann war ich beim Probetraining und bin jetzt seit eineinhalb Jahren dabei. Es ist eine super Möglichkeit, Leute kennenzulernen. Es gibt eine eigene schwule Liga und man kann deutschlandweit Leute kennenlernen, weil sie Volleyball mögen das ist nicht wie in einem Club, wo es eher eine Fleischbeschau ist.

Das klingt ja eher, als wenn du von der Szene nicht so viel halten würdest.

In Jena gibt es ja keine richtige Szene. Aber als ich in Berlin gewohnt habe, war ich da auch nicht unterwegs. Der Verein war so mein Einstieg, auch wenn das nicht so die typische Szene ist.

Von Berlin nach Jena hast du dir das bewusst rausgesucht?

Ja, und das hatte mehrere Gründe. Ich persönlich finde Berlin keine gute Stadt zum Studieren. Viel zu groß und zu viel Ablenkung. Das war so der offizielle Grund. Aber ich wollte auch einfach mal weg von zu Hause. Berlin ist toll, aber finde jeder sollte auch mal andere Orte als seine Heimat kennengelernt haben.


Warum es wichtig ist, sich regelmäßig auf HIV und andere Geschlechtskrankheiten zu testen, verraten die Testhelden. 

Hier findest du eine Karte mit allen Orten, an denen du dich auf HIV testen lassen kannst.

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