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Die Hoffnung starb zuletzt

Von Fabian
Die Hoffnung starb zuletzt
Hoffmann und Campe/Wikimedia,Johannes Jansson/norden.org, Sprak, Johannes Jansson, CC BY 2.5 Montage

Guido Westerwelle hat vor seinem Tod ein Buch veröffentlicht: Über das Leben, seine Krankheit und die unerschöpfliche Hoffnung, dass alles wieder gut wird. Vor allem aber ist "Zwischen zwei Leben" eine Liebeserklärung an seinen Partner.

Der 17. Juni ist ein Tag, der für den verstorbenen Guido Westerwelle eine besondere Bedeutung hatte. Denn an diesem Datum im Jahr 2014 erhielt er die Diagnose AML: Akute myeloische Leukämie, umgangssprachlich als Blutkrebs bekannt.

Knapp zwei Jahre ist das mittlerweile her. Die Zeit zwischen Diagnose und vermeintlicher Heilung hat er in seinem Buch "Zwischen zwei Leben von Liebe, Tod und Zuversicht" dokumentiert. Es beginnt im Dezember 2013, als Westerwelle einen seiner letzten Einsätze als Außenminister absolviert hat. Er war in Kiew auf dem Maidan, wo er sich mit den Demonstranten solidarisiert hat.

Aus der Erholung nach der verlorenen Wahl wird nichts

Kurze Zeit später übergibt er das Amt an Frank-Walter Steinmeier, denn die schwarz-gelbe Koalition kann nach dem desaströsen Ergebnis von Westerwelles Partei nicht weiter regieren. Noch schlimmer: Sie fliegt sogar aus dem Bundestag.

Ein Ereignis, das den leidenschaftlichen Politiker zweifeln lässt. Aber Westerwelle blickt voller Zuversicht in die Zukunft: Er will nach anstrengenden und intensiven Jahren als Außenminister mehr Zeit für sich haben, aber auch für seinen Partner Michael. Als er diese Gedanken hegt, da weiß er noch nicht, dass aus dieser Erholung nichts wird.

Westerwelle reflektiert persönlich und offen

Denn in seinem Weihnachtsurlaub 2013, den er mit seinem Lebenspartner Michael Mronz auf seiner Lieblingsinsel Mallorca verbringt, knickt er beim Joggen um. Sein Knie schmerzt. Erst ein halbes Jahr später will Westerwelle es operieren lassen. Da ist der Glaube, es ginge auch ohne OP, er würde das durchhalten. Als er wegen seines Knies in die Klinik geht, merken die Ärzte bald, dass etwas mit seinem Blut nicht stimmt. Er muss sofort in die Uniklinik.

Guido Westerwelle (r.) mit seinem Lebenspartner Michael Mronz 2009 bei den Bayreuther Festspielen.
Guido Westerwelle (r.) mit seinem Lebenspartner Michael Mronz 2009 bei den Bayreuther Festspielen.
Hoffmann und Campe/Wikimedia,Johannes Jansson/norden.org, Sprak, Johannes Jansson, CC BY 2.5 Montage Tafkas 2009 Guido Westerwelle & Michael Mronz-crop CC BY-SA 3.0

Was dann passiert, beschreibt der Politiker so persönlich, als würde er es einem am Kaffeetisch erzählen. Er schreibt ganz offen über seine Ängste, seine Verzweiflung, aber auch seine Hoffnung. Er reflektiert über seinen Charakter, gibt offen Fehler zu. Aber Westerwelle verteidigt auch seine Politik, allen voran seine umstrittene Enthaltung bei der Frage nach einem Libyen-Einsatz.

Es sah so aus, als wäre er geheilt

Genauso freimütig berichtet er von seiner Kindheit und Jugend, einer Zeit, in der er großem Druck ausgesetzt war. So wollte seine Mutter nach seinem Coming-out mit ihm zum Psychologen gehen. Die Homophobie zog sich durch sein ganzes Leben: In seiner eigenen Partei musste er sich kritische Stimmen nach seiner Verpartnerung mit Michael Mronz anhören. Als er Außenminister wurde, stellten nicht wenige die Frage, ob ein schwuler Mann dieses Amt überhaupt erfüllen könnte.

"Wir haben gekämpft. Wir hatten das Ziel vor Augen. Wir sind dankbar für eine unglaublich tolle gemeinsame Zeit. Die Liebe bleibt."
"Wir haben gekämpft. Wir hatten das Ziel vor Augen. Wir sind dankbar für eine unglaublich tolle gemeinsame Zeit. Die Liebe bleibt."
Westerwelle Foundation

Doch den schwierigsten Kampf, nämlich den gegen den Krebs, verliert Guido Westerwelle am 18. März 2016. Wenn das Buch am 2. September des Vorjahres endet, sieht jedoch alles danach aus, als hätten sich die Chemotherapien, das Warten auf einen Spender, die Schmerzen und Qualen gelohnt. "Zwischen zwei Leben" endet auf Mallorca in der Hoffnung auf eine Zukunft ohne die Krankheit.

Warum ist seine Liebe weniger wert?

Gemeinsam mit dem Journalisten Dominik Wichmann hat der ehemalige Außenminister ein Buch geschrieben, das uns vor Augen führt, wie nahe Lebensfreude, Verzweiflung, Hoffnung und Tod liegen. Und es zeigt, wie groß und unerschöpflich die Liebe zwischen Westerwelle und seinem Partner ist.

Denn die Geschichte von seinem Leben und seiner Krankheit ist untrennbar verbunden mit Michael Mronz. So ist das Buch gleichzeitig eine Liebeserklärung an seinen langjährigen Partner. Nicht umsonst stellt Westerwelle die berechtigte Frage, weshalb die Liebe und Aufopferung, die Mronz ihm entgegenbringt, noch immer vor dem Gesetz nicht gleichgestellt ist.

"Bevor ich den Löffel abgebe, ist Schwulsein eine Selbstverständlichkeit", sagte er in seinem ersten Interview nach der verlorenen Bundestagswahl, in dem es vor allem um das Coming-out von Thomas Hitzlsperger ging. Leider sollte er damit nicht Recht behalten.


Guido Westerwelle (mit Dominik Wichmann)
ZWISCHEN ZWEI LEBEN
Von Liebe, Tod und Zuversicht
Verlag Hoffmann und Campe
ISBN 978-3-455-50390-6
20,00 Euro

Weitere Quellen: Hoffmann und Campe/Wikimedia,Johannes Jansson; Montage, Wikimedia: Tafkas, Westerwelle Foundation

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